Pauschalbeträge in LEADER: Erkenntnisse aus Estland
Estland ist eines der Länder, das für den Programmplanungszeitraum 2023–2027 Pauschalzahlungen für LEADER eingeführt hat und bereits wertvolle Erfahrungen mit der Umsetzung gesammelt hat.

Pauschalzahlungen, die Teil des Pakets der vereinfachten Kostenoptionen sind, wurden im Programmplanungszeitraum 2014–2020 offiziell eingeführt, um die Verwaltung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds zu vereinfachen und die Verwaltungslasten für die Begünstigten zu verringern.
Dieser Ansatz verspricht zwar einen effizienteren Prozess sowohl für die Begünstigten als auch für die technischen Teams der LAG, doch seine Anwendung hat neue Herausforderungen mit sich gebracht. Estland, eines der Länder, das für den Programmplanungszeitraum 2023–2027 Pauschalzahlungen eingeführt hat, hat bereits wertvolle Erfahrungen mit der Umsetzung gesammelt.
Warum Pauschalbeträge?
Laut der estnischen Verwaltungsbehörde bestand der Hauptgrund für die Einführung von Pauschalzahlungen bei LEADER-Projekten darin, die Verwaltungsverfahren zu straffen und die Auszahlung der Mittel zu beschleunigen. Zuvor konnte die Überprüfung von Ausgabebelegen und die Bearbeitung von Zahlungen mehrere Monate dauern. Mit Pauschalbeträgen sollen Zuschüsse innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage der erforderlichen Ergebnisnachweise durch die Begünstigten freigegeben werden – allerdings haben technische Schwierigkeiten im IT-System dieses Ziel leicht verzögert. In Estland werden Pauschalbeträge nur zur Finanzierung von Projekten verwendet; Vorauszahlungen/Pauschalsätze werden für die laufenden Kosten der LAG verwendet.
Wie es in der Praxis funktioniert
Die Umstellung sollte es den Lokalen Aktionsgruppen (LAG) auch ermöglichen, sich auf ihre Kernaufgabe zu konzentrieren, nämlich die Verwaltung, Überwachung und Bewertung von Strategien und die Erleichterung des Austauschs zwischen Interessenvertretern, anstatt sich in übermäßigem Papierkram zu verlieren. Der estnische Ansatz zielt darauf ab, die Finanzierung dieser Aktivitäten so automatisiert und unkompliziert wie möglich zu gestalten.
Pauschalbeträge haben sich besonders für kleine Projekte mit klar definierten Ergebnissen als vorteilhaft erwiesen. Alo Tomson, CEO der LAG Pärnu Bay Partnership, erklärte:
„Für Miniprojekte mit einem Volumen von 1.000 bis 8.000 EUR haben sich Pauschalbeträge als bahnbrechend erwiesen. Sie ermöglichen kleinen lokalen Initiativen den Zugang zu Finanzmitteln, ohne dass eine umfassende Finanzberichterstattung erforderlich ist. Dies ist besonders wichtig für Erstbewerber, die mit den traditionellen Verwaltungsanforderungen möglicherweise Schwierigkeiten haben.“
In ähnlicher Weise betonte Riina Trumm, Managerin der LAG South Järvamaa Partnership:
„Der Prozess ist für Projekte mit einer einzigen Aktivität, wie z. B. dem Kauf von Ausrüstung, wesentlich einfacher. Die Vereinfachung hilft sowohl Antragstellern als auch LAGs, die Mittel effektiver zu verwalten.“
Das Modell ist jedoch nicht ohne seine Komplexitäten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Finanzierungssystemen verlangen Pauschalzahlungen, dass Projekte genau die vorab festgelegten Ergebnisse erfüllen. Wenn beispielsweise ein Schulungsprogramm für 15 Teilnehmer konzipiert ist, könnte die Durchführung der Schulung für nur 14 Teilnehmer zu einem vollständigen Verlust der Finanzierung führen. Daher ist die sorgfältige Ausarbeitung von Projektzielen und Budgets von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei langfristigen Projekten mit schwankenden Kosten. Im aktuellen Kontext kann es schwierig sein, schwankende Kosten bei der Planung eines Studienbesuchs, der zwei Jahre nach Projektbeginn stattfindet, zu berücksichtigen oder die Material- und Arbeitskosten bei Infrastrukturprojekten zu schätzen.
Darüber hinaus besteht die größte Herausforderung und der zeitaufwendigste Aspekt des Pauschalbetrags darin, sich mit der Zahlstelle auf den „angemessenen Preis“ des Zuschusses zu einigen. Während in der Vergangenheit Verzögerungen bei den Zahlungen auf die Überprüfung der Ausgabedokumente zurückzuführen waren, verlagert sich die Komplexität im neuen System auf die frühen Budgetverhandlungen. Während die Bearbeitung von Anträgen länger dauert, hat sich die Verzögerung bei der Bearbeitung und Gewährung von Zahlungen bereits von durchschnittlich 90 auf 50 Tage verringert und wird voraussichtlich nur noch zwei Wochen betragen.

Umsetzungshürden und Verbesserungen
Estland hatte einen holprigen Start bei der Einführung des Pauschalmodells. In den ersten sechs Monaten wurden 36 von 150 Anträgen abgelehnt, was zu Rechtsstreitigkeiten und behördlichen Anpassungen führte. Als Reaktion darauf richteten die Verwaltungsbehörde, die Zahlstelle und die LAGs alle zwei Monate eine gemeinsame Sitzung ein, um Probleme gemeinsam zu lösen.
Die Verwaltungsbehörde betonte, dass die Umsetzung zwar durch IT-Herausforderungen verlangsamt wurde, dass die Unternehmer den endgültigen Prozess jedoch als deutlich einfacher empfanden, sobald diese Probleme behoben waren. Kai Kalmann-Jotautas, Leiter der Abteilung für ländliche Wirtschaft und Wettbewerbspolitik im Ministerium für regionale Angelegenheiten und Landwirtschaft der Republik Estland (Verwaltungsbehörde), betonte auch die Bedeutung einer kontinuierlichen Kommunikation:
„Selbst wenn man lange schriftliche Richtlinien erstellt, werden diese nicht immer gelesen oder einheitlich angewendet. Der Schlüssel liegt in einem kontinuierlichen Dialog und einer zentralen Anlaufstelle für Erläuterungen und gewonnene Erkenntnisse.“
Am wichtigsten ist jedoch, dass die zusätzliche Arbeitsbelastung nicht auf die Begünstigten übertragen wurde. Im Gegenteil: Pauschalsummen stellen sicher, dass viele kleine Projekte schnell finanziert werden, sodass Unternehmer und lokale Initiativen starten können, ohne jahrelang auf Zahlungen warten zu müssen – eine Herausforderung, die zuvor für kleine Antragsteller eine finanzielle Belastung darstellte.

Von anderen lernen
Da es zu diesem Zeitpunkt keine offiziellen EU-Richtlinien für die Umsetzung von Pauschalbeträgen im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gab, holte sich Estland Anregungen aus Polen, Finnland und Malta. Eine wichtige Lektion aus Finnland war, dass die Begünstigten je nach Art ihres Projekts die Möglichkeit haben sollten, sich für oder gegen die Verwendung von Pauschalbeträgen zu entscheiden – ein Ansatz, den Estland in Zukunft in Betracht ziehen könnte.
Auch wenn die Einführung mit einigen Hürden verbunden war, ist dies erst der Anfang des Prozesses. Alle beteiligten Interessenvertreter sind bestrebt, dass die Pauschalbeträge funktionieren, und der kontinuierliche Dialog stellt sicher, dass das System ständig verbessert wird. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in der Perfektion von Anfang an, sondern in der kontinuierlichen Anpassung, offenen Kommunikation und dem gegenseitigen Vertrauen zwischen der Verwaltungsbehörde, der Zahlstelle und den LAGs.
Die wichtigsten Erkenntnisse der estnischen Verwaltungsbehörde für andere Verwaltungsbehörden
Kai Kalman von der estnischen Verwaltungsbehörde teilt die wichtigsten bisher gewonnenen Erkenntnisse:
- Gestalten Sie den Prozess gemeinsam mit wichtigen Schlüsselpartnern – so entsteht ein Gefühl der Eigenverantwortung und jeder trägt seinen Teil dazu bei.
- Erforschen Sie die bewährten Praktiken anderer Länder. Wenn Sie etwas nicht wissen oder nicht verstehen, fragen Sie schriftlich bei der EU nach, denn das System muss rechtlich korrekt und revisionssicher sein.
- Wenn bei der Umsetzung Schwierigkeiten auftreten, nehmen Sie schnell Änderungen durch gemeinsame Gestaltung vor.
- Lassen Sie die Umsetzung des vereinfachten Kostenmodells von der bescheinigenden Prüfstelle prüfen. So stellen Sie sicher, dass das gesamte System fair und gerecht ist und dass überprüfbare Berechnungsmethoden auf der Grundlage objektiver Informationen verwendet werden.
- Denken Sie über den Tellerrand hinaus und nutzen Sie so viele IT- und digitale Lösungen wie möglich, z. B. ein Foto mit Geokoordinaten, um das Ergebnis zu belegen. Wir haben beispielsweise eine Lösung gefunden, um Bauarbeiten durch Zwischenzahlungen innerhalb des Pauschalbetragssystems zu unterstützen.
- Nicht überregulieren.
- Lassen Sie alte Denkweisen hinter sich: Sie müssen sich beispielsweise nicht mehr die Kostendokumente ansehen – und das ist in Ordnung.
- SCOs sind möglicherweise nicht immer für alle Projekte geeignet, z. B. für Kooperationsprojekte. Hier lohnt es sich, eine gemischte Option in Betracht zu ziehen, bei der vereinfachte Kostenoptionen und tatsächlich angefallene Kosten kombiniert werden.
- Reden, reden, reden! Kommunikation ist sehr wichtig. Alle Parteien müssen das System auf die gleiche Weise verstehen.
- IT-Systeme können unerwartete Ereignisse verursachen
- Systeme ändern sich nie über Nacht, daher lohnt es sich, einfache Botschaften immer wieder zu wiederholen.
Wenn Sie weitere Informationen wünschen, können Sie sich an die Verwaltungsbehörde in Estland wenden.